Schwester Gemina

Kindergärtnerin

Ja nicht plappern oder lachen! Gehorsam sein, die Haare gestriegelt, die blitzblanken Hände brav auf dem Tisch! Wer nicht spurte, bekam Hiebe auf den Hintern. Oder die Rute pfiff über die Hand. Auch in Kipfenberg gehörte das gefürchtete "Tatzengeben" bis in die 1970er Jahre hinein zum Schulalltag.

Ach ja, was hatten die ganz Kleinen da doch für ein paradiesisches Leben. Unter den Fittichen der gütigen Schwester Gemina (bgl. Margaretha Dörfler) fühlten sie sich sichtlich wohl. 40 Jahre lang leitete diese Niederbronner Schwester den Kipfenberger Kindergarten, welcher 1924 als "Kleinkinderbewahranstalt" seinen Anfang nahm. Zeitzeugen zufolge war dieser Kindergarten zunächst allerdings ein "elendes Loch." Die Kinder waren nämlich im Wirtshaussaal über dem "Böllkeller" untergebracht. Dort lagerte die Hofmühlbrauerei ihre Bierfässer auf Eisbrocken und es war bitter kalt. 1931 konnte Sr. Gemina mit ihren Schützlingen in das neugebaute "Elisabethenheim" umziehen. Die Ausstattung dort war tiptop: Warmwasserheizung, Waschbecken, ja sogar Wasserklos gab es. Und bald tobten mehr als 50 Kinder durch den Garten.

Von einem solchen Kindergarten hätten die Kinder der Generation zuvor noch nicht einmal zu träumen gewagt. Um die 150 Mädchen und Buben quetschten sich zum Ende des 19. Jahrhundert im alten Kipfenberger Schulhaus in lediglich zwei Klassenzimmer zusammen. Ein Lehrer und ein sog. Schulgehilfe trichterten ihnen dort den Stoff ein. Als die Schule aus den Nähten zu platzen drohte und 1909 eine dritte Lehrkraft kam – das war endlich eine Frau Lehrerin –, erhielten die Kinder Wechselunterricht: die "Oberschüler" (3./4. Klasse) mussten früh 8 Uhr antreten, die "Unteren" (1./2. Klasse) am Nachmittag. Später wurde die Hälfte der Schüler wegen Platzmangels sogar im benachbarten Wirtshaus "Zum Engel" unterrichtet. Fünf Jahre währte dieses Provisorium, bis 1925 ein neues, größeres Schulhaus eröffnet wurde.

Unsere Leitfigur:

Sr. Gemina Dörfler (1899–#). 42 Jahre lang leitete diese Niederbronner Schwester den Kipfenberger Kindergarten. Das Foto zeigt sie mit ihren Schützlingen im Jahr 1955. 1971 wurde Gemina Ehrenbürgerin von Kipfenberg (© E. Ettle, Repro: E. Ettle, Gemeindemänner, S. 458)